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Tamron AF 2,8/70-200 SP Di VC USD vs. Canon EF 70-200mm 1:2,8L IS II USM

Ladies and Gentlemen! In der weißen Ecke mit rotem Rand der Platzhirsch unter den lichtstarken Telezooms, das ~1,49kg schwere und ~2000€ teure Canon EF 70-200mm 1:2,8L IS II USM – Sein Herausforderer in der schwarzen Ecke mit goldenem Rand, einem Kampfgewicht von ~1,47kg und einem Straßenpreis von ~1400€, der Neuling mit dem unaussprechlichen Namen: Das Tamron AF 2,8/70-200 SP Di VC USD!

Wow, da habe ich ja mal zwei absolute Traumlinsen auf meinem Schreibtisch liegen und lasse sie gegeneinander antreten. Keine Sorge, hier werden keine Auflösungen verglichen, Nynquist-Frequenzen analysiert oder Chromatische Aberrationen in Diagramme geschmissen. Tatsächlich wollte ich mir nur mal selbst ein Bild davon machen, ob der grobe Preis sich für diese Objektive überhaupt lohnt, ob der Aufpreis von 500€ zwischen Canon und Tamron sich in der Qualität bemerkbar macht, oder ob sich z.B. mein älteres Tamron AF 70-300mm 4-5.6 Di SP VC USD nicht vielleicht doch ganz gut schlägt.

Zugegeben, ich sollte mich etwas schämen. Solche Linsen haben normalerweise nichts an einem Amateurmodell wie meiner Canon EOS 650D zu suchen, sie sind für Vollformat-Sensoren optimiert. Doch sie leisten auch an APS-C Kameras ihre Dienste und ein schlauer Mann sagte mir einmal: „Kaufe dir lieber Spitzenobjektive als einen teuren Body.“ Recht hatte er, denn den Body tauscht der konsumgeile Fotofreak eher mal aus als seine Gläser. Somit ist es also durchaus berechtigt sich Top – Objektive zu kaufen, die man auch am Vollformat nutzen könnte, denn vielleicht möchte man ja irgendwann mal in die (semi)-professionelle Schiene aufsteigen. Und wenn nicht? Dann haben die die Top-Objektive eine unglaubliche Wertstabilität und können bei pfleglicher Behandlung beinahe zum Kaufpreis weiterveräußert werden.

Nun aber zu meinen Knippsereien. Da meine Frau keine Lust hatte mal wieder als Versuchskaninchen missbraucht zu werden, stellte ich kurzerhand ein paar fotogene Objektive in einiger Entfernung auf, richtete mein Stativ aus und legte die Kamera zunächst mit dem Tamron und dann mit dem Canon Objektiv an. Mit allen Tipps und Tricks für perfekt fokussierte Fotos bewaffnet, die Kamera auf Zeitautomatik sowie ISo 100 eingestellt und die Bilder im RAW Format auf die SD Karte gebannt,  stellte ich scharf:

Vergleich:

70mm

[clearboth]

200mm

[clearboth]

Irgendwie hatte ich mir deutlichere Ergebnisse erhofft. Als Laie, sehe ich qualitativ eigentlich gar keinen Unterschied zwischen den beiden Kontrahenten von Tamron und Canon. Beide liefern extrem scharfe Bilder, sind unglaublich robust gebaut, schwer, der Autofokus hat bei meinen Exemplaren eigentlich nie daneben gelegen und war sowohl flott als auch leise. Das qualitative Unterschiede bestehen möchte ich nicht bezweifeln und messbar werden diese auch sein. Im Rahmen meiner Möglichkeiten und meiner Anforderungen sage ich hier jedoch: Die Objektive sind sich ebenbürtig! Man erkennt jedoch bereits anhand meiner Testbilder deutlich, dass die Objektive ihre höchste Auflösung erst ab etwa Blende 4.0 ausspielen können. Bei Blende 2.8 ist das Gesamtergebnis zwar noch immer stimmig, jedoch leicht verschwommen.

Vergleicht man über die Bildqualität hinaus, so kann man zu Gunsten des Tamron AF 2,8/70-200 SP Di VC USD den Preis von momentan ~1400€ gegenüber dem  Canon EF 70-200mm 1:2,8L IS II USM und ~2000€ anrechnen und die Tatsache, dass es eben nicht auf den ersten Blick als ein High-End Objektiv erkannt wird. Leider muss man ja darauf heutzutage achten, denn es hat sich eben herumgesprochen, dass weiße Objektive mit rotem Ring wertvoll sind und sich prima verscherbeln lassen. Die Wahrscheinlichkeit eins über gezogen zu bekommen ist mit einem Canon L Objektiv leider ungleich höher.

Auf Seiten des Canon Objektivs punkten die zusätzlichen Schalter am Objektiv, die z.B. den Autofokusbereich einschränken (1,2m – ∞ und 2,5m-∞) und somit in speziellen Situationen beschleunigen, da der Autofokus einen kleineren Bereich absuchen muss und die Möglichkeit den Bildstabilisator auf vertikale Stabilisierung zu beschränken (Mode 2), um z.B. Mitzieher zu ermöglichen. (Angeblich erkennt das Tamron dies automatisch).

Fazit:

Mit keinem der beiden Objektive liegt man falsch – jede Kritik die man anbringen könnte ist Jammern auf hohem Niveau. Letztendlich reduzieren sich hier die relevanten Auswahlkriterien auf die tiefe des eigenen Geldbeutels. Das Tamron hat meiner Meinung nach noch längst nicht seinen tiefsten Marktpreis erreicht, während Canon, seit 2 Jahren bereits erhältlich, noch immer locker die 2000€ Marke überspringt. Hat man jedoch das Glück und ergattert ein gut gepflegtes Canon Objektiv z.B. bei Ebay, so würde ich jederzeit wieder zum weißen Objektiv mit dem roten Rand greifen. Es ist einfach eine Bauchentscheidung und vielleicht auch ein bisschen das „Guck dir mein geiles Objektiv“ – Imponiergehabe.

Nachtrag:

Dass das Tamron Objektiv bei gleicher Brennweite einen anderen Auschnitt als das Canon aufweist ist auch bereits anderen aufgefallen. Es wirkt, als hätte das Tamron weniger „Tele“ als sein Canon Pendant. Anscheinend tritt dieses Phänomen jedoch nur bei naher Fokussierung auf, wie man hier nachlesen kann.

Zweiter Nachtrag:

Da mir bei obigen Testbildern Pfusch vorgeworfen wurde 😉 habe ich zwecks Erhaltung meiner Glaubwürdigkeit (pfffmuahaha) und zur Rettung der Ehre meines Canon Objektivs weitere Testbilder mit den Blenden f/2,8, f/4.0 und f/5.6 geschossen und Ausschnitte als 100% Vergrößerung hier eingefügt. Die Bilder entstanden ohne Stativ aber mit Bildstabilisator vorgestern in Riga. Wie man hier erkennen kann, war die Unschärfe meiner ersten Aufnahmen vermutlich meiner Schusseligkeit oder meinem vibrierenden Laminatfussboden geschuldet. Hier sticht der Unterschied zwischen den Blendenstufen nicht mehr wirklich hervor.

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